Grundsteuer.
Während das Bundesmodell der Grundsteuer in vielen Bundesländern noch unter "Beschuss" steht und ggf. revidiert werden muss, hat Baden-Württemberg ein eigenes Modell entwickelt, das nach dem derzeitigen Stand keinen rechtlichen Bedenken begegnet.
Das müssen Sie beachten.
Nachdem das Bundesverfassungsgericht im Jahr 2018 die bisherige Grundsteuer, insbesondere das Prinzip der Einheitsbewertung, für verfassungswidrig befunden hatte, musste der Gesetzgeber eine neue Regelung treffen. Baden-Württemberg hat die Möglichkeit genutzt, ein eigenes Landes-grundsteuergesetz zu schaffen, das von dem Grundsteuergesetz des Bundes (Bundesmodell) abweicht.
Baden-Württemberg hat sich dazu entschieden, mit einem modifizierten Bodenwertmodell das bisherige Einheitsverfahren abzulösen (Grundsteuer B). Das bedeutet, dass sich die Bewertung für die Grundsteuer B ab 2025 ausschliesslich aus dem Bodenwert errechnet. Abweichend vom Bundesmodell sind dafür lediglich zwei Faktoren entscheidend: die Grundstücksfläche und der Bodenrichtwert. Die Bebauung des Grundstücks ist nicht entscheidend.
Das Ergebnis aus der Berechnung (Grundsteuerwert) wird mit der Steuermesszahl (1,3 Promille) multipliziert und ergibt den Grundsteuermessbetrag. Die Steuermesszahl wird allerdings noch modifiziert. Beispielsweise wird die Steuermesszahl bei Grundstücken die überwiegend Wohnzwecken dienen, um 30 % verringert. Der Grundsteuermessbetrag wird dann mit dem Hebesatz der jeweiligen Kommune multipliziert und ergibt den eigentlichen Grundsteuerbetrag.
Die Bebauung ist grundsätzlich nicht entscheidend. Das Land hat jedoch bestimmte Modifikationen umgesetzt, um die sozialen Komponenten zu berücksichtigen.
Während das Landesmodell in Baden-Württemberg verhältnismässig einfach ist, weil lediglich der Bodenrichtwert und die Fläche des Grundstücks entscheidend sind, ist das Bundesmodell detailreicher und komplex. Das Bundesmodell berücksichtig nämlich die Bebauung des Grundstücks, die einer komplexen Bewertung unterzogen werden muss.
Ob das Bundesmodell hält ist dagegen ungewiss. Das Finanzgericht Rheinland-Pfalz gab in einem Eilverfahren (4 V 1295/23, 4 V 1429/23) zwei Antragstellern Recht und merkte ernstliche Zweifel an der Verfassungsmässigkeit des Modells an. Das FG bezweifelte insbesondere, dass die Gutachterausschüsse, die die Bodenrichtwerte feststellen, unabhängig seien. Zudem gibt es für die Eigentümer keine Möglichkeit, einen geringeren Wert des Grundstücks nachzuweisen, der unter dem typisierten Grundstückswert liegt. Letzteres ist relevant, da im Bundesmodell auch das Gebäude einbezogen wird und nicht allein der Grundstückswert. Das Gebäude kann aber baufällig sein oder Altlasten enthalten, Faktoren, die den Wert des Grundstücks mindern würden. Der Bundesfinanzhof bestätigte diese Ansicht im Beschwerdeverfahren, legte sich jedoch noch nicht auf die Verfassungsmässigkeit des Bewertungsrechts fest.
Weitestgehende Rechtssicherheit in Baden-Württemberg durch eigenes Grundsteuergesetz.
Wie zu erwarten war, wurde auch gegen das neue Verfahren in Baden-Württemberg geklagt. Das Finanzgericht Baden-Württemberg setzte sich in zwei Urteilen mit dem Landesgrundsteuergesetz auseinander (Urteil vom 11.06.2024, 8 K 2368/22 und 8 K 1582/23). Anders als beim Bundesmodell sei die Heranziehung des Bodenrichtwerts jedoch verfassungsgemäss, da dieser durch den Gutachterausschuss aus den Kaufpreisen abgeleitet werde. Der Bodenrichtwert leitet sich also vom Verkehrswert ab, wie vom Bundesverfassungsgericht gefordert. Auch eine gewisse Pauschalierung könne hingenommen werden, da hierdurch der Aufwand der Bewertung erheblich reduziert werde. Wichtig ist jedoch, dass die Revision zum Bundesfinanzhof zugelassen wurde.
Ein schneller Überblick.
01
Das Bundesmodell ist Stand heute noch rechtlich fraglich und die Bescheide sollten angegriffen werden.
02
Das Modell in Baden-Württemberg ist pauschaler und schwieriger anzugreifen. Nach Ansicht des Finanzgerichts begegnet es keinen verfassungsrechtlichen Bedenken.
03
Aus Vorsicht sollten Bescheide jedoch dennoch angegriffen werden, um bei einer möglichen verfassungsrechtlichen Klage nicht ins Hintertreffen zu geraten, da die Revision zum Bundesfinanzhof noch offen steht.
04
Teilweise sind Eigentümer plötzlich mit dem neuen Modell besser gestellt. Bei Bescheiden, die besser ausfallen als vorher, sollte auf Einspruch verzichtet werden.